3 Möglichkeiten, auf Diskriminierung und Vorurteile zu reagieren

Eine deutsch aussehende, blonde Frau mit einer gelben Schlitzaugenbrille und eine asiatisch aussehende, dunkelhaarige Frau mit einer rosa Pappnase stehen nebeneinander und schauen freundlich in die Kamera.

Schlitzaugen, Großnase – typische Stereotypen von Asiaten und Europäern. Als meine Agentur noch „Rosagelb“ hieß – mit dem Claim „Wir haben den chinesischen Blick und den europäischen Riecher“ – war ich für deutsche Unternehmen tätig, die in China Fuß fassen wollten und für chinesische Unternehmen, die Deutschland als Markt erschließen wollten. Mit diesen Giveaways netzwerkte ich und sorgte (fast :-)) immer für viele Sympathien.

Letzte Woche habe ich an dem Stammbaum meiner Familie gearbeitet. Dabei ist vieles hochgekommen. Krieg und Flucht, Migration. Vorurteile, Diskriminierung, und die damit verbundenen Abwertungen. Auch ich habe als Kind mit – überwiegend einer leichten Form von – Diskriminierung und Vorurteilen zu tun gehabt. Und ich wusste oft nicht, wie ich darauf reagieren sollte. In der Zwischenzeit bin ich darin sicherlich besser geworden. 

Was sind Vorurteile?
Wikipedia schreibt hierzu: „Ein Vorurteil ist ein Urteil, das einer Person, einer Gruppe, einem Sachverhalt oder einer Situation vor einer gründlichen und umfassenden Untersuchung, Abklärung und Abwägung zuteilwird, ohne dass die zum Zeitpunkt der Beurteilung zur Verfügung stehenden Fakten verwendet werden.“ Also, jemand hat eine Meinung oder Vorstellung über eine Person, eine Gruppe von Menschen, einer Sache oder einer Situation, ohne die Fakten vorab abzufragen. Und das kann eine negative oder positive Meinung sein.

Was ist Diskriminierung?
Wikipedia schreibt hierzu: „Diskriminierung bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen nach Maßgabe bestimmter Wertvorstellungen oder aufgrund unreflektierter, z. T. auch unbewusster Einstellungen, Vorurteile oder emotionaler Assoziationen.“ Grob gesagt sind Diskriminierung also Vorurteile, die zur Abwertung und Benachteiligung einer Person oder einer Gruppe führen.

Habe ich Vorurteile?
Vorurteile und Diskrimierung kommen überall vor, in jedem Land, in jeder Gesellschaftsschicht, bei jeder Person. Natürlich auch bei mir. Das menschliche Hirn, das von unseren Organen am meisten Energie verbraucht, arbeitet effizient, indem es komplexe Dinge sofort in Schubladen einsortiert. Auf diese Weise beurteilt es blitzschnell Situationen und trifft auf Grundlage dessen Entscheidungen. Würde unser Hirn das nicht machen, würde es jedes Mal ziemlich viel Energie verbrauchen und für jede Aktion sehr viel Zeit benötigen. Die Schubladen werden aus unseren Genen und unseren Erfahrungen gebildet. Unsere Erfahrungen werden auch von unserem Umfeld geprägt. Und deshalb habe auch ich Vorurteile von meinen Eltern und meinem deutschen Umfeld übernommen.

Positive und negative Vorurteile
Vorteile können aufwerten und abwerten. Oder auch „neutral“ sein, also weder auf- noch abwerten. Wenn sie aufwerten, dann schmeicheln sie mir meistens. In „neutraler“ Form engen sie mich oft ein und in negativer Form werten sie mich ab. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob es überhaupt eine neutrale Form von Vorurteilen gibt. Ob jemand ein Vorurteil positiv, neutral oder negativ bewertet, ist vom Kontext abhängig, hängt davon ab, wie es vorgetragen wird und welche Erfahrungen man bisher im Leben gemacht hat.

Meine drei (bis vier) Reaktionen auf Vorurteile
Wenn ich mich von einem Vorurteil aufgewertet fühle, lächle oder lache ich darüber. Bei „neutralen“ Vorurteilen kläre ich, je nach Situation und Person, gerne „neutral“ auf. Vorurteile in abwertender Form machen mich meistens sprachlos. Wenn ich mich selbst bei Vorurteilen oder diskriminierendem Verhalten erwische, ist es mir meistens ziemlich peinlich. Auch dann bin ich oft sprachlos oder verdränge es sogar. Wir sollten definitiv mehr positive Vorurteile haben!

Gegen Diskriminierung aktiv sein
In meiner unternehmerischen und kreativen Tätigkeit beschäftige ich mich immer wieder mit dem Thema Vorurteile und Diskriminierung – wie z. B. in meinem Kalender „Die nackte Wahrheit über Menschen“. Als Markendesignerin baue ich positive Vorurteile auf. Mit meiner Plattform „Gesund in MeinerStadt“ baue ich negative Vorurteile über psychisch erkrankte Menschen und gegenüber psychiatrischen Kliniken ab.

Zwei Collagen aus Laden- und Restaurant-Werbeschildern der Frankfurter Goethestraße und Münchener Straße.

Zwei Collagen aus Laden- und Restaurant-Werbeschildern der Frankfurter Goethestraße und Münchener Straße. Teste Deine Vorurteile: Welche Bilder entstehen bei dir im Kopf? Welche Autos parken wohl in der Goethestraße? Welche in der Münchener Straße? Wie sind die Passanten gekleidet? Wie sind sie gestylt? Wie viel verdienen sie? Wie riecht es in diesen Straßen? Die Collagen sind Teil meiner internationalen Collagen-Serie „Straßenzüge“.

Wie reagierst du?
Unten führe ich Beispiele auf, die ich selbst erlebt habe. Welche Beispiele empfindest du als aufwertend, neutral, abwertend oder diskriminierend? Wie würdest du in diesen Situationen reagieren und agieren? 

  1. Jedes Mal, wenn ihr im Kindergarten „Drei Chinesen mit dem Kontrabass“ singt, schauen alle Kinder in deine Richtung und lachen sich tot.
  2. Du gehst in die Grundschule. Du bist in Deutschland geboren, deine „Muttersprache“ ist deutsch, du fühlst dich wie eine Deutsche. Auf dem Schulweg, auf dem Schulhof, in der Straße und in den Geschäften, zeigen Kinder mit den Fingern auf dich und Erwachsene starren dich an. Sie rufen dir „Sching-Schang-Schong“ hinterher.
  3. Wenn Kinder und Erwachsene dich sehen, fassen sie an ihre Augen und ziehen diese zu Schlitzen.
  4. Dein Vater ist Doktor der Nuklearphysik und deine Mutter hat Medizin studiert. Du bist in der fünften Klasse und dein Mathelehrer setzt sich eines Tages neben dich und fragt, welches China-Restaurant euch gehört.
  5. Du bist in der fünften Klasse und Klassenbeste im Deutsch-Diktat. Als die Klassenlehrerin sagt, dass alle ausländischen Schüler:innen zu dem Deutsch-für-Ausländer-Kurs gehen sollen, bist du unsicher. Bist du Deutsche? Oder bist du Ausländerin? Sicherheitshalber fragst du deine Lehrerin. Sie sagt „Na, dann gehst du halt hin.“
  6. Du bist in der fünften Klasse und Klassenbeste im Deutsch-Diktat. Dein Werken-Lehrer möchte, dass du einen Fineliner kaufst, um damit die Rahmen eurer Arbeitsblätter zu zeichnen. Du hast keine Lust deinen Vater nach dem Geld für den Stift zu fragen, weil er dir dann drei Monate lang vorhält, dass du immer nur sein Geld willst. Du zeichnest die Rahmen der Arbeitsblätter also mit dem Kuli. Dein Werken-Lehrer ist natürlich nicht amused. Und gerade jetzt hast du ausnahmsweise einen Fehler gemacht und das Wort „Lineal“ falsch geschrieben. Dein Werken-Lehrer fängt nun an dir zu erklären, wie man „Lineal“ schreibt. Du drehst dich ungeduldig weg, weil du ja weißt, wie „Lineal“ geschrieben wird und dir sonst nie Fehler passieren. Dein Werken-Lehrer wird daraufhin wütend und fährt dich an: „Hör zu, ich will dir Deutsch beibringen!“.
  7. Dein Vater nennt dich hin und wieder „Banane – außen gelb, innen weiß“ – und lacht dabei hämisch.
  8. Menschen sprechen mit dir langsam und deutlich, auch wenn du mit ihnen in normaler Geschwindigkeit sprichst.
  9. Du wirst gefragt, wann du wieder zurückgehst.
  10. Du hast eine Lungenentzündung und verpasst die ersten paar Wochen des neuen Schuljahres. Von einer Klassenkameradin bekommst du erzählt, dass sich der neue Mathelehrer schon auf dich freut, weil er sagt, als Chinesin bist du bestimmt gut in Mathe. Als du – wieder genesen – zum ersten Mal an seinem Unterricht teilnimmst, strahlt er dich mit breitem Lächeln im Gesicht und voller positiver Erwartungshaltung an.
  11. Du möchtest deiner französischen Austauschschülerin zu einem sprachlichen Erfolgserlebnis verhelfen und ermutigst sie dazu, ihren Fahrschein selbst beim Busfahrer zu kaufen. Dieser murmelt beim Drucken des Fahrscheins deutlich: „Scheiß Ausländer!“
  12. Du hast eine Zeitungsanzeige für einen Schüler-Job in einer Bäckerei gesehen. Du gehst dorthin, um nach dem Job zu fragen. Du sprichst die Verkäuferin an. Die Chefin kommt raus und als sie dich sieht, sagt sie „Der Job ist schon vergeben“. Die Stellenanzeige steht noch Wochen danach in der Zeitung.
  13. Von deiner besten Freundin erfährst du, dass ihre Eltern deine Haare „verbrannte Spaghetti“ nennen.
  14. Als du fünfzehn bist, schicken deine Eltern dich und deinen Bruder für ein Jahr nach Südchina, auf ein Internat für Überseechinesen, um Chinesisch zu lernen. Eure Gestik und Kleidung unterscheidet sich deutlich von der der Einheimischen. Auf der Straße zeigen die Menschen daher mit Fingern auf euch und rufen euch „Ausländer!“ hinterher.
  15. Du bewirbst dich für einen Studienplatz mit einer Auswahl deiner künstlerischen und kreativen Arbeiten. Es gibt 900 Bewerber und 70 Plätze. Der Professor, der in der Jury sitzt und deine Arbeiten beurteilt, ist ein ausgesprochener Japan-Fan. Obwohl die anderen in der Jury von deinen Arbeiten nicht viel halten, setzt er sich dafür ein, dass du genommen wirst, da er deine Arbeit aufgrund deiner chinesischen Wurzeln für etwas Besonderes hält.
  16. Du fühlst dich als Weltbürgerin, da du im Ausland gelebt und mit Menschen aus der ganzen Welt studiert hast. Regelmäßige wirst du gefragt, ob dein Freund Deutscher oder – wie du – Chinese ist.
  17. Du hast einen deutschen Freund. Du machst ein 6-monatiges Pflichtpraktikum in einem Kreativunternehmen in Taipeh. Dein taiwanischer Chef versucht dich immer mal wieder dazu zu überreden, dir doch einen „richtigen Mann“ zu suchen – es gäbe doch so viele tolle taiwanische Männer.
  18. Du reist durch Marokko und wunderst dich, warum es im Reiseführer so detailreiche Beschreibungen über die Moscheen gibt, wenn diese Nicht-Muslimen gar nicht zugänglich sind. Deine Reisebegleitung erklärt dir, dass diese Reiseführer ja auch für muslimische Touristen sind.
  19. Du studierst und arbeitest für einige Jahre in Barcelona. Am Telefon wird den Leuten aufgrund deines starken deutschen Akzents schnell klar, dass du Deutsche bist. Wenn du diese Leute anschließend persönlich triffst, sind sie sichtlich irritiert.
  20. Auf die Frage woher du kommst antwortest du: Frankfurt. Danach wirst du gefragt, wo du geboren bist. Du antwortest: Frankfurt. Dann wirst du gefragt, wo du eigentlich herkommst.
  21. Du gründest deine eigene Agentur. Dein Vertriebscoach befürchtet, dass du zu fremd wirkst und rät dir dazu, Gedichte von Friedrich Stolze in Frankfurter Mundart auswendig zu lernen und schreibt einen Akquise-Text mit den Zeilen

    Es is kaa Stadt uff der weite Welt,
    die so merr wie mei Frankfort gefällt,
    un es will merr net in mein Kopp enei,
    wie kann nor e Mensch net von Frankfort sei!

  22. Du hast gerade groß und breit einem Künstlerkollegen erzählt, dass du in Deutschland geboren und aufgewachsen bist. Er fragt dich, ob du denn gut kochen kannst und wenn ja, was du dann kochen würdest: deutsch oder so wie da, wo du herkommst?
  23. Als China an wirtschaftlicher Macht gewinnt, begegnen dir immer öfters Menschen, die China-Fans sind. Kinder strahlen dich an und wollen, dass du ihnen Chinesisch beibringst.
  24. Du bist auf einer Netzwerkveranstaltung. Du fängst ein Gespräch mit einer chinesischen Botschafterin an. Sie rügt dich für dein schlechtes Chinesisch und ruft dir beim Weggehen zu, dass du es unbedingt verbessern musst.
  25. Ein potentieller deutscher Kunde lädt dich zum chinesischen Essen ein. Nach dem Essen deutet er auf die Wandkalligrafie und fragt dich was sie bedeuten.
  26. Als dein Kind auf die Welt kommt, hoffst du darauf, dass deine Mutter sich regelmäßig um dein Kind kümmert, damit es ein bisschen Chinesisch lernt. Leider hat sie keine Zeit. Du selbst müsstest jedes zweite Wort nachschlagen. Also lässt du es, denn du willst dich ja mit deinem Kind normal unterhalten. Immer wieder reagieren Menschen entgeistert, wenn du ihnen erzählst, dass du mit deinem Kind Deutsch sprichst.
  27. Du sprichst das „R“ wie ein „R“ aus. Dein Texter schreibt eine Headline auf den Witz bezogen, dass Chinesen das „R“ als „L“ aussprechen und lacht sich ins Fäustchen. Du erklärst ihm, dass du das nicht lustig findest. Er versteht zwar nicht warum, aber ändert es ab.
  28. Du arbeitest in einer Europäischen Institution mit Menschen aus der ganzen Welt. Hier wirst du gefragt, aus welchem Land dein Partner kommt.
  29. Du kommst gerade von deiner Benin-Reise zurück, eines der ärmsten Länder der Erde. Ein neuer Bekannter aus Benin, der sich extra freigekommen hatte, um für dich und deine Kollegen vor Ort eine Führung zu machen, meldet sich bei dir über WhatsApp und schreibt, dass er mit dir gerne mal sprechen würde. Du wunderst dich warum. Nach ein bisschen Smalltalk, fragst du ihn, wie du ihm weiterhelfen kannst. Daraufhin erfolgt eine lange Pause. Dein Bekannter sagt nach einer Weile, dass er sich gerne mal über den Studenten erkundigen wollte, den du ihm vermitteln wolltest. Zuvor hattest du ihn gefragt, ob du einen Kontakt zu einem Studenten aus Cotonou herstellen könntest, der gerne in Deutschland studieren möchte. Dein Bekannter hatte nämlich einige Jahre in Deutschland studiert.
  30. Du hast mit einem weißen, deutschen Mann ein Kind bekommen. Dein Kind geht in die Grundschule und sagt dir irgendwann abends vor dem Schlafengehen: „Das ist so gemein! Ich will auch weiß sein wie Papa! Ich will weiß sein wie die anderen!“
  31. Du bist in Frankfurt geboren. Dein Vater kommt aus Hongkong und deine Mutter aus Taiwan. Du wirst gefragt, wie alt du warst als ihr aus China gekommen seid.
  32. Du wirst gefragt, wie du den deutschen Winter findest.
  33. Dein Nachbar fragt, warum du Flamenco machst und nicht Taichi.
  34. Du wirst regelmäßig für dein gutes Deutsch gelobt.

Jetzt bist du dran! Welche Situation empfindest du als aufwertend, neutral, abwertend oder diskriminierend? Wie würdest du in diesen Situationen reagieren und agieren?

Zum Kommentieren gaaaaanz weit nach unten scrollen :-)!

Hier findest du tolles Material darüber, wie man wie man sinnvoll mit Stereotypen umgeht und sie gegebenenfalls überwinden kann.

12 Kommentare

  1. Branka Kramaric

    Liebe Shau Chung,
    danke für diesen wundervollen Beitrag zur alltäglichen Herausforderung des Andersseins und den vielen Ärgernissen durch Vorurteile, Gedankenlosigkeit und Diskriminierung.
    Mir fiel gleich wieder die letztjährige Begegnung mit einem Beamten einer deutschen Behörde ein, der mir (nachdem ich mich zuvor ganz normal mit ihm unterhalten hatte!) das Formular zuschob mit den Worten: „Du hier unterschreiben!“
    Auch nach 60 Jahren in Deutschland zucke ich bei derlei Situationen immer noch zusammen. Vielleicht werden unsere Kinder und Kindeskinder das nicht mehr so extrem erleben müssen.
    Liebe Grüße nach Frankfurt,
    Branka

    • Liebe Branka,
      schön, von Dir zu lesen und vielen Dank für Deinen Kommentar! Ja, den Automatismus kann man wohl so schnell nicht ausschalten ; ). Oje. Dass es voran geht, ist wahrscheinlich so – weltweit und über die Jahre betrachtet. Auch wenn die Presse einem manchmal etwas anderes suggeriert und manche Parteien im Moment viel Zulauf bekommen. Bleiben wir aufmerksam und aktiv, jede auf ihre Weise, uns für eine andere Welt einzusetzen.
      Liebe Grüße nach Langgöns
      Shau Chung

  2. Liebe Shau Chung,
    Deine lebensnahe Aufzählung hat mich betroffen gemacht. Sie entspricht auch meiner Beobachtung und die Ausgrenzung von „anderen“ ist ein weltweites Phänomen und gilt nicht nur (aber besonders!) für Deutschland. Möglicherweise würde ich heute auch so reagieren, wenn ich nicht selbst zusammen mit meiner Familie viele Jahre im Ausland gelebt und gearbeitet hätte. Erst die direkte tägliche Erfahrung, selbst Ausländer zu sein, ändert für immer etwas im Kopf und macht uns zu weltoffenen Menschen.

    • Vielen Dank, Heinrich, für Deine netten Zeilen. Ich hatte auch das Privileg gehabt, in verschiedenen Ländern gelebt zu haben (und es ist ein Privileg, an das ich mich immer wieder erinnern muss, bevor ich über Menschen urteile, die diese Erfahrung nicht machen durften). Meine Erfahrung war, dass Ausgrenzung in anderen Ländern sogar noch heftiger ist. Daher ist die Selbstkritik vieler Deutscher gar nicht mal so nötig, finde ich. Aber wir sollten uns natürlich nicht ausruhen. Und ich sehe vieles sicherlich nur aus meiner Blase, der einer gut ausgebildeten Person, die perfekt Deutsch spricht. Die Welt wäre eine andere, wenn alle die Welt bereisen dürften.

  3. Hallo Shau Chung,
    oh wei, ich mag gar nicht daran denken, wie wir auf der Straße gespielt haben: Wer hat Angst vorm schwarzen Mann? Niemand! Und dann sind wir kreischend zur anderen Seite gerannt und haben darauf geachtet, dass wir nicht eingefangen wurden – vom schwarzen Mann! Du hast Recht. Ohne Vorurteile geht es wohl nicht. Unser Gehirn will es so. Sonst sind wir nicht (über-) lebensfähig. Umso bemerkenswerter ist der Kalender, der mit den Vor-Urteilen aufräumt bzw. uns raten lässt, wer wohl die abgebildete Unterhose trägt? Herrlich! Frei nach Schwäbisch Hall: Auf diese Steine (Unterschiede) kannste bauen. Das macht ihr bereits (für den feinen Riecher und den guten Blick). Wie du damit umgehst, gefällt mir ausgesprochen gut!

  4. Liebe Shau Chung!

    So wie du schon erwähnt hast, Vorurteile sind überall auch im Ausland … man muss nicht Chinesin in Deutschland sein um manchmal von Vorurteilen so richtig belästigt zu sein … es gibt zum Beispiel Stellenanzeigen (auch hier bei Behörde), wo man berufliche Erfahrungen in nicht-deutschen Institutionen abwertet, obwohl diese gleichwertig sind. Zumindest behauptete es die Europäische Arbeitsbehörde so; ELA. Insbesondere, wenn man als EU-Ausländer in Deutschland ist, kein Deutsch als Muttersprache beherrscht, hier über 20 Jahre lang mit deutschen Ehemann lebt (mit gleichen Akademischen Grad) und man erfährt, dass man nie genug ist … oder gerade die Stelle verpasst hat. Mit „silberne Medaile“. Und der Partner mit einer „Raketengeschwindigkeit“ Karriere machen darf und du mit gleichem Intellekt eine „freiwillige“ Hausfrau bleibst. Dann stellst du dir Fragen warum ist es so: a) weil du eine Frau bist; b) weil du eine Ausländerin bist oder sogar c) weil du eine ausländische Frau 50+ bist. Ich ärgere mich deswegen nicht. Ich denke mir nur, dass die Arbeitswelt in Deutschland eine sehr kompetente Person schon vor 20 Jahren verloren hat. Und freue mich, dass meine Nichten 30+ hier als Chirurgin und als Architektin arbeiten können und wollen. Immerhin war ich es die sie oft nicht nur moralisch für deren Berufe unterstützt hat. Sie sind zum Teil mein „Meisterwerk“, dass sich Deutschland jetzt gerne gönnen darf.

    🙂

    Nimm alles mit Humor auch wenn es nicht immer so geht!

    🙂

    • Danke, Katharina! Sich grün und blau ärgern nützt nichts, genau. Aber sich über Ungerechtigkeiten bewusst zu werden kann auch Energien freisetzen, die man nutzen kann, um etwas zu verändern – so wie Du es bei Deiner Nicht gemacht hast : ).

  5. Liebe Shau Chung, du schreibst so spannend und ernst! Das lesen hat bei mir gerade so viele Erinnerungen geweckt… Ich bin schon längst dazu gewöhnt, nicht wie die andere zu sein, aber vieles aus deiner Liste ärgert mich immer noch sehr.
    Ich bin der Meinung wir müssen einander unterstützen, und sichtbar sein so wird die Welt ein bisschen besser.

  6. Der Artikel erläutert wunderbar warum Vorurteile existieren. Die Beschreibung der erlebten Vorurteile hat mich sehr betroffen gemacht.

    • Liebe Anja,
      es ist interessant für mich zu lesen, dass die Beschreibungen betroffen machen. Es lässt das, was ich im Alltag erlebe, doch als etwas Besonderes wirken und regt mich zum Nachdenken an, was es mit einem macht. Danke!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert